Trutz blanker Hohn - Ein...
Freya Wippich, Peter...
1979: Musik hörten wir von Langspielplatten, unsere Texte schrieben wir auf Schreibmaschinen, unsere Interessen kanalisierten wir in Umweltverbänden, der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung, in Dritte-Welt-Gruppen, in Fraueninitiativen, in Bunten Listen und gelegentlich in tiefer Betroffenheit. Öko und Bio besetzten allmählich die Köpfe, die alternative Szene hatte sich in Latzhosen, mit Räucherstäbchen, Henna und selbst gemischtem Müsli etabliert, bis all dies ein Jahr später von angeblich naturnahen Vollbärten und Strickstrümpfen in einer grünen Partei kompostiert wurde. Heute ist der Lebensstil jener Zeit weitgehend in den sog. "sozialen Medien" entsorgt, doch ältere Menschen mit intaktem Erinnerungsvermögen begleiten mit Sympathie zumindest "Fridays for Future". In den 1970er Jahren entdeckten zahlreiche Kulturschaffende ihre Liebe zu blau/rot gestrichenen Fensterrahmen, zu Reetdächern, ständigem Westwind, Teepunsch und einem Leben hinter dem Deich: sie zogen aus den unruhigen Metropolen Hamburg und Berlin nach Nordfriesland. Aber sie merkten bald, dass man auch hier vor nichts sicher war: In Deutschland waren mehr als zehn Atomkraftwerke im Bau. Der Atomkanzler Helmut Schmidt wollte sich nicht, wie er sagte, "von Umweltidioten … die alles kaputtmachen, bremsen lassen". Es war die Zeit der großen Schlachten bei den Bauplätzen von Wyhl, Brokdorf, Grohnde und Kalkar. Gleichzeitig schrillte der erste Klima-Alarm durchs Land, und die Verschmutzung der Meere - noch nicht so sehr durch Plastik-Müll, sondern durch die Einleitungen aus Landwirtschaft und Chemie - wurde ein immer wichtigeres Thema. Zunehmend Sorge bereitete den Menschen die Überdüngung der Böden, die Gülle und die Entsorgung von Giftmüll. Dazu kamen die regelmäßigen Öltanker-Katastrophen: Ein Jahr zuvor, 1978, war die Amoco Cadiz vor der Bretagne in drei Teile zerbrochen und 227 000 Tonnen Öl verseuchten mehr als 350 Kilometer der Küstenlandschaft.1979 war das Jahr, in dem Hein Hoop und ich uns aufgerufen fühlten, das Land hinter dem Eidersperrwerk bei Katingsiel zum "Kulturschmutzpark Eiderstedt" zu deklarieren. Und um die heraufziehende Apokalypse auch akustisch darzustellen, schrieben wir diese prophetische Hommage ans Nordsee-Hochwasser, versammelten dann in Dortmund eine erlesene Freundesschar von Musikern und Musikerinnen, Sängern und Sängerinnen, Schauspielern und Schauspielerinnen aus Hamburg und Frankfurt - und produzierten in der Nachfolge vom "Schimmelreiter" des Husumer Dichters Tedje Wind dieses bis heute hochaktuelle Spökenkieker-Drama: ein Friesical. Auhauahauaha
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