Lolita de Sade
Jonathan Meese
"Kinder - Lolitas - Demokraten", so ist die Welt für Jonathan Meese aufgebaut. Demokraten sind menschliche Maschinen, die uns in der Realität aussaugen wollen. Sie locken mit dem Pornographischsten und Widerlichsten überhaupt: mit der Kultur und der Reise ins Ich. Im Sexshop dagegen kann Meese nichts Obszönes finden, da gibt es nur Spielzeug und der Vampir in der Kunst ist für ihn sowieso das Geilste. Kunst spielt sich einfach an uns ab, das ist wie Pinkeln oder der "Haifischmund" von Scarlett Johnsson: "Totaler Metabolismus, totale Fruchtbarkeit, totale Antidemokratie, totale Neutralität. Reines Objekt, ein Stöpsel für jeden und keinen… Zu groß oder zu klein für jedermann." Meese will vom "Aseptischen, Geruchlosen, vom Bild einer Sache" geführt werden, am besten dem einer Lolita, denn "Lolitas sind reine Waffen, keine Menschen mehr, sondern Zustände, wie Marquis de Sade, Oscar Wilde oder Adolf Hitler." "Lolitas sind Puppen und spielen mit Puppen und dieses Puppenspiel ist komplett hermetisch." Hier spielt die Diktatur der Kunst und der Druck dieses rechtsfreien Raumes wird bald so stark werden, dass er die miese, mickrige Realität verdrängen wird. In diesem Sinne ist auch die "Arschritze von Claudia Schiffer eine ganz klare Meldung an die Welt. Hier geht es nicht um Demokratie, hier geht's um ritualfreies Spiel". Im September 2009 trafen Robert Eikmeyer und Thomas Knoefel Jonathan Meese zum Gespräch im Mönchehaus Museum in Goslar. So deutlich wie in diesen Aufnahmen hat Meese die Quellen und Ziele seiner Diktatur der Kunst noch nie offen gelegt. Intim und indiskret geht es um Pornographie und Sexshops, Adolf Hitler, den Schwarzen Tod, Meeses "Germania", blutigen Tee, abgehackte Hände, Marquis de Sade, Lolitas und die Arschritze von Claudia Schiffer. Gekrönt wird dieser Abgesang auf die Kultur und Demokratie durch die Aufzählung seiner Lieblingsfilme und eine Reihe von Manifesten und Liedern, die als Bonusmaterial angehängt sind.
Show book