Der Spiegel und die Spiegelungen - Über Geschlecht und Seele im Werk von Stanislaw Przybyszewski
Adam Jarosz
Casa editrice: ibidem
Sinossi
"Er sah eine Weile dem Spiel zu, dann pflanzte er sich vor dem Spiegel auf und betrachtete sich wohlgefällig. Ja, gewiß; du bist sehr schön sehr schön …" Stanisław Przybyszewski, Homo Sapiens Liebe und Tod gehören zu den grundlegenden Motiven im Œuvre von Stanisław Przybyszewski (1868-1927), und gleichermaßen behauptet auch das Motiv des Spiegels seinen festen Platz darin, insbesondere vor dem Hintergrund der Seelenpoetik und "Geschlechtsmetaphysik" (Jörg Marx). In vielgestaltiger Ausformung – etwa als Schatten, Doppelgänger, 'Augen-Blick' oder Reflex – und in mannigfachem Zusammenhang – zur Geliebten, Natur, Kunst, Metropole oder Philosophie – kommt das 'Spiegel-Bild' immer wieder zum Vorschein. Das Phänomen der Spiegelung, nicht zuletzt auch als eine optische Erscheinung, gehört hierzu und wirkt sich mit seinen konnotativen Bezügen strukturierend und konstituierend auf das jeweilige Werk aus. Adam Jarosz betrachtet in seinem vorliegenden Buch das gesamte Werk Przybyszewskis, von seinem frühen erzählerischen Schaffen über die Kurzprosa bis hin zu seinen Romanen und Dramen. Er weist ein ausgeprägtes Interesse des Schriftstellers für Metaphorisierungen und symbolische Assoziativfelder um den 'Spiegel' oder die 'Spiegelung', auch des eigenen Ichs, nach. Die Vielfalt von Spiegel-Bildern, von Multiplikationen, in den Romanen und Dramen lassen die Figuren entweder sich selbst entfremdet erscheinen oder stellen eine Art Übergang, eine Spiegelung des Reinen und Ungestörten dar. Jarosz analysiert jedoch nicht nur die Spiegelmetaphorik im Werk Przybyszewskis, er setzt sie auch in Beziehung zum Schaffen bedeutender Zeitgenossen des polnischen Dichters wie Carl du Prel, Carl Gustav Jung, Friedrich Nietzsche und Théodule Ribot. Auf diese Weise macht er deutlich, wie sehr gerade der von Jarosz in den Fokus gestellte Aspekt um den 'Schatten' und die 'Spiegelung' zur kollektiven Grunderfahrung des Menschen gehört, letztlich der Furcht und Sorge um sein Schicksal, seine seelische Konstitution, die über das Hiesige, das Hier und Jetzt, hinauszugehen begehrt. Das betrachtete Spiegel-Motiv schreibt sich zudem in einen breiten kulturgeschichtlichen Zusammenhang – über Glaubensvorstellungen in Asien, Europa, Nordamerika und Ozeanien – ein und erfährt hierdurch eine zusätzliche, vertiefende Ausdeutung, die in den vorliegenden Überlegungen ebenfalls in gebührendem Maße Raum finden konnte.